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EM Riesenbeck: Jessica von Bredow-Werndl verteidigt ihren Europameistertitel

Züchterforum 08.09.2023

Die Europameisterschaften in Riesenbeck boten auch heute feinsten Dressursport. Nach dem nervenaufreibenden Mannschafts-Finale gestern, war klar, dass es auch heute in der Entscheidung des Grand Prix Special bis zu letzten Grußaufstellung spannend bleiben sollte. Und dennoch siegte schlussendlich die Favoritin mit einem haushohen Vorsprung: Jessica von Bredow-Werndl ist die neue, alte Europameisterin.

Für die Vorstellung mit ihrer Trakehner-Stute TSF Dalera BB (v. Easy Game – Handryk, Z.: Silke Druckenmüller) vergab die Jury summa summarum 85,593 Prozent. Ein Rekord-Ergebnis! In der Geschichte des Dressursports gab es bisher nur zwei bessere Ergebnisse, den Rekord halten Charlotte Dujardin und Valegro, dahinter rangieren Edward Gal und Totilas.

Als Charlotte Fry mit dem imposanten Rapphengst Glamourdale in die Arena trabte, da wurde es zum ersten Mal wirklich still an diesem Nachmittag. Das Publikum wusste: Ab jetzt wird’s ernst! Die Doppel-Weltmeister legten gut vor, die Galopptour der 27-jährigen Britin und dem KWPN-Hengst v. Lord Leatherdale – Negro war beeindruckend. Den Zuschauern juckte es in den Fingern, zu gerne hätten sie die knisternde Ruhe mit Szenenapplaus für die Wechsel, Pirouetten oder die Galoppverstärkung unterbrochen. 81,763 Prozent – das war eine erste Ansage. Es sollte letztendlich Rang vier werden.

Für Jessica von Bredow-Werndl galt es ihren Titel aus dem Jahr 2021 zu verteidigen. Bei der ersten Grußaufstellung zappelte Dalera wieder, sie konnte es kaum abwarten. Was dann aber kam, suchte im restlichen Feld seinesgleichen. Piaffen und Passagen der Extraklasse bescherten dem bayerischen Duo unzählige Punkte, auch die Pirouetten sind als eines von vielen Highlights hervorzuheben. In den Zweier-Wechsel patzten Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB und dennoch (!) wurden es am Ende sagenhafte 85,593 Prozent. Alle sieben Richter sahen die 38-jährige Dressurreiterin aus Aubenhausen und ihr Top-Pferd klar auf der Eins. Das Publikum feierte seine EM-Helden frenetisch. Der Traum von Gold vor heimischer Kulisse, er war perfekt! In der anschließenden Presse-Konferenz zeigte sich die neue, alte Europameisterin äußerst dankbar, vor allem gegenüber ihrer Sportpartnerin Dalera: „Ich weiß, ich kann das nicht für selbstverständlich halten. Man muss alles ‚on point‘ haben, sich selbst und das Pferd. Ich bin erst zwei Pferde vor unserem Start auf den Abreiteplatz, ich wollte, dass Dalera Spaß hat und nicht zu sehr arbeiten muss. Sie möchte es mir einfach immer Recht machen, das macht sie zu etwas ganze Besonderem. Wir konnten uns nochmal steigern, das habe ich gefühlt.“ Jessica von Bredow-Werndl erläuterte auch, dass sie in den vergangenen Wochen vor allem am Schritt gearbeitet habe, an den Wechseln und den Verstärkungen, an vielen Details und doch fühle es sich immer noch so an, als gäbe es noch weiter Luft nach oben.

Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB trennten fast drei (!) Prozent vom Rest des Feldes. Auf den Folgeplätzen ging es allerdings deutlich enger her. Über die Silbermedaille durfte sich Nanna Skodborg Merrald freuen. Für die 28-jährige Dänin ist es das erste Edelmetall im Seniorenlager. Als letzte Starterin hatte Skodborg Merrald mit dem 15-jährigen Oldenburger Wallach Blue Hors Zepter (v. Blue Hors Zack – Wolkentanz II, Z.: Bernhard Sieverding) eine tadellose Runde ins Viereck gezaubert, die völlig zurecht mit 82,796 Prozent belohnt wurde. Wie ein Uhrwerk passagierte Zepter unter seiner Reiterin durch das aufgeheizte Viereck, überhaupt gelang die gesamte Prüfung wie am Schnürchen. Dem tosenden Applaus nach, gefiel das auch dem Publikum ausgesprochen gut. „Heute wird ein Traum wahr. Ich wusste, dass es in diesem Jahr für mich möglich ist, um die Medaillen mitzukämpfen, aber ich wusste auch, dass ich wirklich drei starke Konkurrentinnen habe, die das Gleiche im Sinn haben.“ so die neue Vize-Europameisterin überglücklich. Für das große Finale am Sonntag hat die Dänin übrigens eine neue Kür im Gepäck. „Ich weiß nicht, ob gerade jetzt der richtige Moment ist, etwas Neues auszuprobieren, aber ich werde es einfach versuchen!“ verriet Nanna Skodborg Merrald mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Wait and see“ war das Statement der frischgebackenen Bronzemedaillen-Gewinnerin Charlotte Dujardin für die Kür am Sonntag. Mit KWPN-Wallach Imhotep (v. Everdale – Vivaldi) tanzte die Britin heute zu 82,583 Prozent. Ihrem Ruf als begnadete Prüfungsreiterin wurde Charlotte Dujardin erneut gerecht, extrem clever pilotierte sie den noch recht unerfahrenen Fuchs durch die Prüfung und so auch aufs Treppchen. „Man hat heute an seinem Abschnauben gemerkt, dass er hier und da etwas unsicher war. Ich habe ihn an die Hand genommen. Es verlangt den Pferden viel ab in so ein voll Stimmung aufgeladenes Stadion zu gehen, aber Pete hat ein Herz aus Gold.“ resümierte Dujardin rundum zufrieden. „Ich weiß, dass ich im nächsten Jahr für die Zehn reiten kann.“ Für Charlotte Dujardin ist es das vierte Pferd in zwölf Jahren mit dem sie eine Medaille gewann, allein das spricht für ihre außergewöhnlichen Ausbilderfähigkeiten.

Der britische Triumphzug zog sich hinter Dujardin fort. Nach Charlotte Fry auf Rang vier folgte Carl Hester im Sattel von Fame (KWPN-Wallach v. Bordeaux – Rhodium). Dann Isabell Werth und DSP Quantaz (DSP Brandb. v. Quaterback – Hohenstein, Z. Dr. Kathrin Damm), die heute mit 78,252 Prozent Sechste wurden. Mit Frederic Wandres und Bluetooth OLD (Wallach v. Bordeaux – Riccione, Z.: Gestüt Lewitz) folgte das nächste deutsche Paar mit 77,052 Prozent auf Rang sieben. Bluetooth hatte auf dem Abreiteplatz ein Eisen verloren. Man zog die eh geplante Pause vor, so konnte alles im Zeitplan weiterlaufen.

Die Platzierung komplettierte heute Therese Nilshagen mit Dante Weltino OLD (v. Danone – Welt Hit II, Z.: Olaf Bahls) auf Rang acht. Die Schwedin führte den Rapphengst zu 76,140 Prozent. Zwar unterliefen dem eingespielten Duo teure Fehler in den Zweier-Wechseln, mit starken Einern und tollen Pirouetten holten Nilshagen und der Hengst des Dressurpferde Leistungszentrum Lodbergen allerdings wieder auf. Noch besser als gestern zeigte sich auch Indian Rock (v. Apache – Vivaldi) unter Emmelie Scholtens. Platz neun für die Holländerin und den zehnjährigen Hengst, der heute beachtenswerte Passagen zeigte. Andreas Helgstrand und der neunjährige Jovian (KWPN v. Apache – Tango) reihten sich auf Platz zwölf ein. Nochmal besser zeigte sich auch Total Hope OLD (v. Totilas – Blue Hors Don Schufro, Z.: Christine Arns-Krogmann) unter Isabel Freese, unter der Flagge Norwegens wurden die beiden mit 74,240 Prozent bedacht. Matthias Alexander Rath und der Oldenburger Hengst Thiago GS (v. Totilas – Warkant, Z.: Ann-Kathrin Linsenhoff u. Klaus-M. Rath) kamen auf Rang 19 ins Ziel.

Am Sonntag findet ab 13.30 Uhr die Kür-Entscheidung in Riesenbeck statt. (akb)