Aktuelles
Züchterforum 08.10.2025
Die Diskussion um pferdegerechtes und faires Reiten ist auf vielen Turnierplätzen omnipräsent. Eine Maßnahme, gegen Negativbilder vorzugehen, sind Kontrollen, Regelverschärfungen und die direkte Ansprache von unerwünschten Szenen durch Offizielle. Allerdings gibt es auch den Trend, diejenigen positiv zu bestärken, die mit gutem Beispiel vorangehen.
So wird auf den Warendorfer Bundeschampionaten seit 2014 im Rahmen jeder Finalprüfung ein Sonderehrenpreis verliehen, der Reiter würdigt, die durch besonders pferdefreundliches Verhalten und eine respektvolle Vorbereitung ihrer Pferde während des gesamten Turniers hervorstechen. Der BMLEH-Tierschutzpreis ist eine Initiative des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) zusammen mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, der durch die Bundesvereinigung der Berufsreiter, die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz und Xenophon unterstützt wird. „Mit dem Preis soll zum einen der Fokus auf die positiven Beispiele auf den Vorbereitungsplätzen gerichtet werden. Zum anderen soll auf einen pferdegerechteren Umgang mit Pferden in Freizeit und Sport hingewirkt werden“, erklärt der Veranstalter der diesjährigen Al Shira’aa Bundeschampionate die Absichten der Auszeichnung.
Eine Preisträgerin in diesem Jahr ist Hanna Richter. Die Pferdewirtschaftsmeisterin ist als Jungpferdeausbilderin hauptsächlich im Sattel von Ponys als Bereiterin, unter anderem auf dem Gestüt Kastanienhof, tätig. Ganze sechs Ponys konnte Richter in diesem Jahr für das Warendorfer Viereck qualifizieren und trabte mit zweien von ihnen in die großen Finale. Mit der dreijährigen Stute California WE wurde sie im Rahmen dessen ausgezeichnet. Als Ehrung für ihr pferdefreundliches, altersgerechtes, angemessenes – zusammengefasst: faires – Abreiten erhielt Hanna Richter den Tierschutzpreis. In ihrem fünften Jahr als Championatsreiterin wurde die Wardenburgerin bereits zum dritten Mal ausgezeichnet. In einem Interview hat sie spannende Einblicke gegeben, welchen Stellenwert der Tierschutzpreis ihrer Einschätzung nach hat.
Hanna Richter, du hast im Finale der Bundeschampionate bei den dreijährigen Reitponystuten und -wallachen den Tierschutzpreis verliehen bekommen. Was bedeutet es für dich als Reiterin, mit diesem Preis ausgezeichnet zu werden?
Ich muss sagen, dass ich mich da tatsächlich sehr drüber gefreut habe. Das Pony, das ich vorgestellt habe, ist noch relativ unerfahren. Sie hat über die Tage aber wirklich, in meinen Augen, einen sehr guten Job gemacht. Und ich bin sehr froh, dass das auch von außen so wahrgenommen worden ist. Bei dem Pony war es mir sehr wichtig, dass ich beim Abreiten ganz viel Wert darauflege, Ruhe reinzubekommen, dass ich merke, dass sie sich wohlfühlt, dass sie durchatmen kann. Das bedeutet dann natürlich viel vorwärts-abwärts, leichter Sitz, ihr immer wieder die Bestätigung geben, dass sie einen guten Job macht.
Ich gebe zu, ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut, dass das so angekommen ist und am Ende auch so honoriert worden ist, dass wir unser Ziel erreicht haben.
Hast du das Gefühl, dass solche Preise zu einer positiven Veränderung des Reitsports und der Wahrnehmung dessen beitragen können?
Ich glaube definitiv ja. Weil ich auch sagen muss, gerade so unter uns Reitern - wir kennen uns alle ein bisschen und wir treffen uns häufig hier in Warendorf wieder, auch wenn wir über das Jahr weit in Deutschland verteilt an verschiedenen Turnieren teilnehmen - wenn es dann aber um diesen Preis geht, merkt man, dass sich die anderen für einen freuen. Die Mitstreiter erkennen an: Der ausgezeichnete Reiter hat heute wirklich den besten Job von uns allen gemacht, was das Management im Vorfeld angeht.
Wie es im Viereck am Ende läuft, wissen wir alle, ist dann situationsabhängig. Aber ich glaube schon, gerade auch wenn man weiß, dass genau hingeguckt wird, versuchen alle ihr Bestes zu geben. Auch wenn die Aufregung mit einspielt. Wenn man am Ende, so wie ich heute, die Bestätigung bekommt und gesagt bekommt: „Du hast wirklich einen tollen Job gemacht und hast dem jungen Pony die bestmöglichen Bedingungen gegeben, sich vorzubereiten.“ Da ist man schon wirklich stolz drauf.
Als Zuschauer hatte man in diesem Jahr das Gefühl, dass wirklich darauf geachtet wurde, wer den besten Job macht. Es war kein „Trostpreis“ für den Zweit- oder Drittplatzierten, sondern ein Ehrenpreis für faires Abreiten, unabhängig von der Leistung und Rangierung in der Prüfung. Wurde das auch aus eurer Perspektive als Starter so empfunden, dass da ein bisschen differenzierter darauf geachtet wurde und gute reiterliche Fähigkeiten im Vordergrund standen?
Ja, so sehe ich das auch. Ich bin zwei Finalprüfungen geritten. Und es war wirklich so, dass die Stute, die den Preis jetzt mit mir zusammen erhalten hat, auch im Viereck einen wirklich guten Job gemacht hat. Am Ende ist sie Siebte geworden, womit ich supergut leben kann und sehr zufrieden bin. Ich konnte aber das, was wir im Vorfeld gut erarbeitet hatten, nicht zu 100-Prozent im Viereck abrufen. Das gute Abreiten ist trotzdem honoriert worden.
Und in der zweiten Finalprüfung, die ich geritten habe, muss ich auch sagen, dass ich zufälligerweise mit der Reiterin zusammen abgeritten habe, die den Tierschutzpreis erhalten hat, und durfte feststellen, dass das, was ich von außen gesehen habe, auch wirklich gerecht war. Dass ihr Reiten den Vorstellungen entspricht und dass auch sie verdient mit dem Preis ausgezeichnet wurde. [Anm. d. Red.: Es handelt sich um Alena Kempkens, die mit Assenmachers Commander Schultze Platz sieben im Finale der dreijährigen Reitponyhengste belegte.]
Was denkst du, wie viel Wert hat das, wenn auch das Protokoll mit der Entscheidung sowie den Kriterien, anhand welcher diese getroffen wurde, im Rahmen der Siegerehrung verlesen und alles so detailliert öffentlich dargestellt wird?
Ich glaube, gerade in der Situation, in der wir uns im Moment mit dem Reitsport befinden, ist es wichtig, dass man immer wieder auf die entscheidenden Punkte den Fokus legt. Diese wurden auch den Kommentierungen im Finale hervogehoben: Gerade bei den jungen Ponys sollten Takt, Losgelassenheit und Anlehnung im Vordergrund stehen. Dass diese Punkte noch einmal allen so präsent gemacht werden ist wertvoll. Wenn die Reiter in der Siegerehrung stehen, das Publikum zuschaut und alle Beteiligten aufmerksam sind – wenn all denen vor Augen geführt wird, worauf es ankommt, dass es allen noch mal ins Gedächtnis gerufen wird. Das kann einen Gewinn an Wertigkeit bewirken und eigentlich sogar noch einmal einen viel höheren Stellenwert darauflegen, als es ohnehin im Moment schon der Fall ist.
Würdest du dir wünschen, dass solche Preise bzw. solche Anerkennungen des schönen, fairen Reitens auch noch präsenter auf anderen Turnierveranstaltungen werden?
Definitiv. Ich habe es selbst beobachtet und darüber nachgedacht. Ich habe ein paar junge Reitschüler, mit denen ich in diesem Jahr losgefahren bin, für die es bei uns in der Gegend Qualifikationsserien gibt. Im Rahmen dieser wurde auch immer mal wieder ein Preis für faires Abreiten verliehen. Und ich finde, dass man gerade bei den Kindern schon damit anknüpfen sollte. Ihnen bewusst zu machen, was wichtig ist und worauf sie achten sollen.