Paris: Christian Kukuk gelingt die goldene Sensation
Schon einmal vorneweg: Die diesjährigen Olympischen Spiele in Paris können als eine Art deutsches Olympia-Wunder oder auch als die deutschen Festspiele im Schlosspark von Versailles beschrieben werden. Deutschland sichert sich von sechs möglichen Goldmedaillen vier. Alle Einzeltitel gehen an deutsche Reiter, solch eine bärenstarke Bilanz gab es noch nie. Dabei gelang Christian Kukuk zum Abschluss im Einzel-Finale der Springreiter eine echte Sensation. Der Bereiter aus dem Stall von Ludger Beerbaum sichert sich mit seinem Checker die Goldmedaille.
Eine Medaille sicher
Wer Olympiasieger im Springreiten 2024 bei den Olympischen Spielen von Paris wird, das entschied zunächst ein Parcours über 15 Hindernisse. Er ist 555 Meter lang und im Vergleich zum Qualifikationsspringen hatten die Parcourschefs Santiago Varela aus Spanien und sein französischer Kollege Grégory Bodo noch einmal eine ordentliche Schippe oben drauf gelegt. Das zeigte sich auch an den wenigen Nullfehlerrunden, genauer gesagt zeigten sich nur drei fehlerfreie Runden. Die erste fehlerfreie Runde gelang Christian Kukuk und seinem gewaltig springenden Schimmelwallach Checker von Comme il Faut - Come on. Es klapperte einige Male, aber schlussendlich gelang den beiden eine völlig souveräne Nullrunde. „Der Parcoursaufbauer hat selbst vorher gesagt, er hat noch nie so einen Parcours aufgebaut. Ich habe noch nie so einen Parcours gesehen, mit 15 Nummern und 19 Hindernissen am Ende. Das ist wirklich irre und ich bin nur unfassbar glücklich und einfach nur stolz auf Checker, wie einfach er sich das auch gemacht hat. Es hat sich am Ende gar nicht so schwer angefühlt, wie es tatsächlich ist. Das zeichnet ihn aus, das macht er seit einem Jahr einfach schon, jedes Wochenende gefühlt, und ich bin unglaublich stolz, dass er es heute auf den Punkt gebracht hat. Das Gefühl jetzt werde ich auf jeden Fall mitnehmen und nicht vergessen - was auch immer dabei herumkommt“, resümierte Christian Kukuk überglücklich und unwissend, was da noch für ein Riesenerfolg kommen wird. Denn zunächst einmal hieß es abwarten. Wie viele fehlerfreie Runden würden noch kommen? Nach der Hälfte der Reiter gab es nur zwei Nullrunden. Der Niederländer Maikel van der Vleuten blieb mit Beauville Z auch ohne Fehler. Damit stand fest: Es wird ein Stechen um Gold geben. Doch kurz vor Ende gelang auch einem der Favoriten, genauer gesagt dem Schweizer und Olympiasieger von 2012 Steve Guerdat die Meisterleistung. Guerdat beendete mit der flinken Stute Dynamix de Belheme den Parcours fehlerfrei. Nach der Runde des Führenden aus dem Qualifikationsspringen, Julien Epaillard mit Dubai du Cedre, durfte das führende Trio schon einmal aufatmen. Denn eine Medaille hatten die Drei schon einmal sicher. Doch welche Farbe sollte diese haben? Christian Kukuk und Checker mussten im Stechen vorlegen und das machten sie. Eine Runde, wie aus einem Guss, mit viel Risiko, engsten Wendungen gelang ihnen. Eine tadellose Nullrunde und auch die eine Sensationszeit von 38,34 Sekunden, so viel stand schon zu diesem Zeitpunkt fest, setzte Van der Vleuten und Guerdat gewaltig unter Druck. Maikel van der Vleuten und Beauville patzten und kassierten einen Abwurf. Nun lag die Spannung wahrlich in der Luft, denn auf den ersten Metern des Stechparcours von Steve Guerdat und seiner flinken Stute zeigte sich, der Schweizer will’s wissen und ist schnell unterwegs. Am vorletzten Sprung passierte es. Die beiden kamen etwas zu flach aus der Wendung heraus und die Stange fiel. Mit einer Zeit 38,38 Sekunden wäre es noch einmal gewaltig eng geworden. Was für eine Sensation, was für ein Gänsehautmoment – Christian Kukuk und sein Checker krönten sich in einem Herzschlagfinale zum „König von Versaille“. Das hätten zuvor wohl nur die wenigsten erwartet oder vielleicht war auch genau das das Geheimnis hinter dem Erfolg. Erst gestern hatte es Christian Kukuk treffend beschrieben: „Morgen gibt es noch eine Chance und never say never!“. Es ist das erste Einzel-Gold für die deutschen Springreiter seit 1996.
Überraschungen im Finale
Neben den drei starken Nullfehlerrunden scheiterten die heißgehandelten Favoriten der Reihe nach. Allen voran sorgten der Schwede Henrik von Eckermann und sein King Edward für eine große Überraschung. Nach einer kniffeligen Distanz trennten sich die Wege von Eckermann und seinem King Edward überraschend. Auch Harry Charles sagte schon vor dem Finale seinen Start ab, da sich sein Romeo nicht ganz wohl fühlte. Philipp Weishaupt und sein Zineday zeigten sich erneut stark, besaßen aber nicht das letzte Quäntchen Glück. Der Vize-Europameister von 2023 kassierte an Hindernis acht einen Abwurf. Dazu kam noch ein Zeitfehler. Damit reihte er sich schlussendlich auf Rang zwölf ein. "Den olympischen Auftritt in Paris haben wir uns ein bisschen anders vorgestellt. Wir sind super in das Turnier gestartet. Und dann hab ich leider ein bisschen abgebaut. Gestern mit dem Fehler, das war halb so schlimm, das kann mal passieren. Heute kann ich mir auch keinen Vorwurf machen, ich bin gut hingeritten. Einfach ein blöder Fehler, allerdings ist man dann natürlich weg, dann wird das mit der Medaille nichts. Sehr sehr bitter für mich die Woche, ich hatte mir absolut mehr ausgerechnet, aber so ist der Sport." So ist der Sport, das ist das Stichwort. An einem Tag darf man mit Rückschlägen kämpfen, doch schon am nächsten Tag kann man für eine wahre Sensation sorgen, wie heute Christian Kukuk mit seinem Checker!